Informationen zum Glaukom bei Frühgeburtlichkeit

  • Liebe Glaukomkinderforum-Leser, liebe Karin - Mutter von Silas,

    hier einige Informationen zum Glaukom bei Frühgeburtlichkeit. Wie schon in dem kurzen Posting bei Karins Vorstellung gesagt, freue ich mich sehr darüber, dass das Glaukom bei Frühgeburtlichkeit jetzt auch an anderen Kliniken entdeckt und behandelt wird.

    Das Glaucoma praematurorum Glaukom bei Frühgeburtlichkeit - ist garnicht so selten. Ich habe es analog zu der Netzhauterkrankung, die bei manchen Frühchen auftritt (die sog. Retinopathia prämaturorum, Abkürzung: ROP von retinopathy of prematurity) GOP genannt: Glaucoma praematurorum, bzw. glaucoma of prematurity. (Für diejenigen hier, die mit den diversen Frühchenproblemen nicht so vertraut sind: eines (der vielen) Risiken der Frühgeburtlichkeit ist die Entwicklung einer Netzhauterkrankung durch die Unreife der Netzhaut, die bis zur Erblindung führen kann. Daher werden alle Frühchen ab der 4. Lebenswoche (vorher tritt sie nicht auf) regelmäßig augenärztlich untersucht, bis zur Entlassung, um ggf. den Beginn der Erkrankung beizeiten zu sehen und mit Laser zu behandeln.)

    In Kürze das, was ich bislang herausgefunden habe. Bei meinen betroffenen Kindern handelt es sich ausnahmslos um solche, die KEINE Stadien einer Frühgeborenen-Netzhauterkrankung hatten. Bei der Netzhauterkrankung kann es zu sog. Sekundärglaukomen kommen, und da wollte ich keine Vermischung. Es sind also nur die, die keine Netzhautablösung o.ä. durchgemacht haben.

    Es betrifft nicht nur die ganz kleinen leichten Frühchen, sondern auch welche mit medizinisch gesehen ganz ordentlichem Geburtsgewicht. Ein Risikofaktor zur Entwicklung des GOP scheinen folgende Dinge zu sein: lange Sauerstoff-Gabe nach der Geburt, dann durchgemachte Operationen (Herz, Darm, Hirn) und wenn das Kind Hirnblutungen gehabt hatte und eine Epilepsie hat(te).

    Das Glaukom ist nicht immer ab Anfang da, es kann sich auch noch lange Monate bis Jahre nach der Geburt entwickeln. Allerdings entwickeln es soweit ich bislang weiss über die Hälfte der Kinder im ersten Lebensjahr. Wir haben aufgrund der Ergebnisse angefangen, bereits in der Kinderklinik, wenn die Kinder wegen ihrer Netzhautprobleme gescreent werden, die Aushöhlung des Sehnervenkopfes zu messen und zu dokumentieren. Wir achten bei der Erfassung der Exkavation (CDR Cup-disc-relation) vor allem auf Veränderungen. Bei Vergrößerung wird dann schon während der ersten Krankenhauszeit der Druck gemessen.


    Es folgt dann regulär eine Augendruckmessung vor der Entlassung der Kinder, oder früher wenn die zentrale Aushöhlung / Exkavation sich geändert hat. Eine weitere Kontrolle mit Druckmessung, dann auch mit Untersuchung ob ein Schielen vorliegt, erfolgt in 4 Monaten. Wenn auch das ok ist, senden wir die Kinder zum Augenarzt sie sollen dort alle halbe Jahre vorgestellt werden.

    Ungefähr 70% der Kinder entwickeln ihren erhöhten Augendruck noch in oder kurz nach der Entlassung aus der Kinderklinik. Die anderen später bis hin zum Schulalter.

    Wie viele aller Frühchen es trifft, kann ich zur Zeit nur vage abschätzen. Es sind vielleicht 0,5 - 1%. Das klingt wenig, aber wenn man sich überlegt, dass im Jahr in Deutschland etwa 63.000 Frühchen (per def vor 37. SSW) geboren werden, davon liegen 12.000 unter der 30. Schwangerschaftswoche. Wenn man nur diese besonders kleinen Frühgeborenen nimmt, entspräche das einem Glaukomauftreten von 60 100 Kindern im Jahr, und das ist nicht mehr wenig.


    Wie kommt es zu einem GOP Glaucoma praematurorum?

    Ich vermute da es ja keinen experimentellen oder anatomischen Ansatz gibt, dies zu überprüfen dass es genau wie bei der Netzhauterkrankung eine Ausreifungs-Störung im Auge ist, diesmal eben von dem Trabekel-Maschenwerk. Hierdurch kann das Auge den Zu- und Abfluss nicht ausreichend regulieren. Für diese Ausreifungsstörung sprechen einige biochemische Zusammenhänge, denen die Frühchen in den ersten Lebensmonaten durch die notwendige Brutkastenbehandlung unterworfen sind.

    Folgende Probleme führen dazu, dass das Glaukom bei Frühgeburtlichkeit nicht erkannt wird:


      es ist noch nicht genug bekannt
      die Kinder haben oft, gerade wenn sie Hirnblutungen o.a. hatten, einen abgeblassten hellen Sehnervenkopf, der die Diagnose der Aushöhlung sehr erschwert. Wenn man es nur für eine Abblassung hält, wird man auch nicht messen.
      Die Kinder sind oft sehr schwer zu messen eine ganz wesentliche Erleichterung ist da für uns durch das Icare-Messgerät gekommen.
      Die Kinder haben oft viele andere Probleme es sind oft Kinder mit Einschränkungen und Behinderungen.


    Als ich neulich einen Vortrag darüber hielt, kam danach ein Augenarzt auf mich zu und meinte sehr ehrlich, genau deshalb seien ihm drei mehrfachbehinderte Kinder erblindet er habe bei schwierigen Untersuchungsbedingungen den Sehnerv falsch für nur abgeblasst gehalten und die Aushöhlung nicht erkannt.


    Wenn wir bei einem ehemaligen Frühchen das Glaukom diagnostiziert haben, behandeln wir mit Augentropfen, was bei den meisten Kindern ausreicht. Nur wenige müssen im Laufe der Erkrankung auch einmal operiert werden. Da wir ja nicht wie bei den Erwachsenen diese schönen genauen, aber sehr mitarbeitsintensiven Untersuchungsmethoden wie Gesichtsfeld etc haben, mache ich von Anfang an VEPs in regelmäßigen Abständen, und sobald es geht, eine Vermessung der Aushöhlung des Sehnervenkopfes.


    Karin, Dein Silas soll ja jetzt eventuell operiert werden? Dabei habt Ihr ja erst ein Medikament das Trusopt. Ist denn nicht geplant da zunächst noch weitere Medikamente dazu zu geben? Wie gesagt, oft kann man den Druck gut mit Tropfenkombinationen senken und die kindlichen Glaukom-OPs sind garnicht so einfach. Wenn er sonst fit ist und der Kinderarzt zufrieden (keine Herzprobleme, Asthma oder Kreislaufschwächen?), würde ich doch erst einmal zusätzliche Glaukomtropfen versuchen frag halt mal.

    Was ganz wichtig ist allerdings: wie hoch ist denn der Druck bei Silas? Und: wie sehen die Sehnerven aus?? Hier ist es wie auch beim Erwachsenenglaukom: der Druck alleine entscheidet nicht darüber, ob oder ob nicht ein Glaukom vorliegt und ob dieses gut oder nicht gut eingestellt ist, sondern die zusätzliche Sehnervenbeurteilung ist extrem wichtig.


    Und eine gute Nachricht zum Schluss: bei einigen Kindern hört das Glaukom auch wieder auf... man merkt es durch die allmählich immer tiefer werdenden Drücke, dann kann man ein, dann noch eines der Wirkstoffe wegnehmen und so bisweilen einen Normalzustand ohne Tropfen erreichen. Meiner Erfahrung nach geht das entweder zwischen dem ersten und zweiten Geburtstag, und dann gibt es nochmals eine Phase zwischen 4 und 6 Jahren, in denen die Kinder von den Tropfen wegkommen können. Offensichtlich gibt es doch auch bei dem Trabekelmaschenwerk (das ist die Struktur im Kammerwinkel des Auges, durch die das Kammerwasser abfliesst) eine Nach-Reifung, oder das augen-interne Gleichgewicht pendelt sich selbstständig ein. Soweit ich das bislang überblicke, sind das etwa ein Drittel der Kinder, die dann keine Augentropfen mehr brauchen.


    So, das seien zunächst die wesentlichen Informationen zum GOP. Bei Fragen bitte nur melden!
    Natürlich habe ich der Mehrzahl der Familien, die ich hier betreue, auch die Informationen zum Glaukomkinderforum gegeben aber die Internetfreudigkeit scheint hier noch nicht so hoch zu sein. Aber vielleicht ist jetzt durch die Einführung des Themas durch Karin und Silas ein Anstoss gegeben.

    Liebe Grüße,
    Barbara Käsmann[SIZE=12][/COLOR]

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